business-on.de: Wer ist eure Zielgruppe?
Iven Orx: Unsere Zielgruppe sind Menschen, die Kunst etwas anders erleben möchten. Das kann jeder sein. Das sind Ärzte, Unternehmer, Lehrer, das sind ganz normale Menschen. Wir haben auch zwei Kunden, die Priester sind. Also ganz querbeet. Ich glaube, es geht nicht darum, woher man kommt, sondern wie man die Kunst empfinden möchte und empfindet. So gibt es auch Kunstsammler und Investoren, die Kunst kaufen und sich davon Wertzuwachs versprechen.
business-on.de: Als Unternehmen ist es wichtig, ein Alleinstellungsmerkmal zu haben, um sich von Mitbewerbern zu unterscheiden. Was unterscheidet euch von anderen Künstlern?
Iven Orx: Wir verwenden sehr unterschiedliche Materialen, die nicht so bekannt sind. Wie z. B. Blattgold. Das hat man im Mittelalter benutzt für Ikonen und Ikonenmalerei, aber weniger für Kunst. Auch Glitzer ist ein Material, das man eher für Weihnachtsartikel benutzt als für Kunstwerke. Dann gibt es die abstrakten Gemälde, die wir machen. Die malen wir mit Farben, die wir selbst anmischen und herstellen. Unsere Farben haben mehr Tiefe und eine bessere Pigmentierung. Die Qualität und unsere Ideen machen uns anders. Und auch wir selbst sind das Besondere. Unser Leben einfach … Wenn man ein Stück von uns besitzen möchte und es kauft, dann kauft man auch unsere Geschichte, ein Stück vom Künstler selbst. Aus Erfahrung können wir sagen, dass sich unsere Kunden sehr für uns und unsere Kunst interessieren. Wie wir dazu gekommen sind usw. Sie beobachten ganz genau, wie wir uns weiterentwickeln.
business-on.de: Apropos beobachten: Wie ist das mit den Mitbewerbern? Gerade Deutschland ist ja ein Land der Zertifikate und Qualitätsnachweise. Wie sind eure Mitbewerber damit umgegangen, dass ihr Kunst nicht studiert habt, sondern einfach aus dem Bauch heraus auf den Markt gegangen seid?
Iven Orx: Ja, das ist eben so. Es gibt zwei Wege. Die gab es schon immer, auch im Mittelalter. Es gibt den akademischen Weg, wo man auf eine Kunstakademie gehen und dort lernen kann, Künstler zu sein. Wir haben aber festgestellt, dass wir nicht Künstler werden wollen, sondern das wir es bereits sind. Und das war von Anfang an so. Deswegen haben wir den etwas schwierigeren Weg gewählt, aus uns heraus Kunst zu machen und nicht erst durch Professoren und Formeln zur Kunst zu kommen. Aber das ist ja auch die Besonderheit, dass man sich keinem Stil unterwirft. Und dass man damit nicht eingeordnet und auch nicht „schubladisiert“ werden kann. Man verbindet uns nicht mit einer bestimmten Schublade oder einem bestimmten Menschen, sondern mit etwas, was nicht stereotypisch ist. Wir hatten eine Mentorin, in deren Sinne wir viele Ausstellungen gemacht haben. Das ist die Mary Bauermeister, das ist die Avantgarde der sechziger Jahre. Sie hat uns viel über Kunst beigebracht. Sie ist ja sehr viel in den größten und wichtigsten Museen der Welt vertreten. Und sie sagte immer zu uns: „Jungs, bleibt so, wie ihr seid! Lasst euch nicht von einer Schule oder einer Akademie einengen.“ Sie selbst hat das auch gemacht. Sie hat damals ein Studium angefangen aber dieses nach einigen Monaten abgebrochen, weil sie eben auch erkannt hat, dass sie mit ihrer Kunstgabe alleine viel weiter kommt. Und so treten wir in die Fußstapfen der alten Meister, die aus sich heraus ihrem kreativen Geist freien Lauf gelassen haben.
business-on.de: Das Paradies für Künstler ist eigentlich New York. Dort sind die großartigsten Galerien und Museen. Ihr seid in Köln. Wie lebt es sich als Künstler in Köln?
Iven Orx: Super! (lacht) Das Paradies ist da, wo das Herz eines Menschen ist, denke ich. Und unser Herz schlägt für Köln und für das, was wir tun. Wir haben uns mit unserer Galerie, die wir schon seit zwölf Jahren führen, eben diese Freiheit geschaffen, von den großen Global Playern, wie eben die großen Galerien in New York, unabhängig zu sein und uns verwirklichen zu können. Wir müssen niemandem nachlaufen, uns keinen Trends unterwerfen und wir müssen uns auch nicht von anderen Künstlern inspirieren lassen. Denn unsere Inspiration sind wir selbst über unsere Herzen. Von daher sind wir sehr glücklich darüber, dass wir nicht diesem allgemeinen Denken nachgeben müssen, dass man dort sein müsse, wo die große Kunst passiert und wo andere darüber entscheiden, was Kunst ist oder wie gut sie ist. Wir bestimmen selbst, was Kunst ist, und ich denke, uns gelingt das bisher ganz gut.
business-on.de: Als Künstler seid ihr gleichzeitig Unternehmer. Damit seid ihr auch für die Themen Buchhaltung, Finanzen etc. verantwortlich. Wie schafft ihr den Spagat zwischen eurer Kreativität als Künstler und den unternehmerischen Anforderungen mit Zahlen, Daten, Fakten?
Iven Orx: Zunächst einmal haben wir einen sehr guten Steuerberater, der fast alles für uns macht. Und wir kennen auch einen sehr guten Galeristen, der uns immer Tipps gibt, wie man erfolgreich auf dem Kunstmarkt bestehen kann. Da gibt es also sehr gute Menschen in unserem Umfeld, die es gut mit uns meinen und die uns helfen, den unternehmerischen Pfad erfolgreich zu beschreiten. Alles andere ist „learning by doing“. Die Anfangsjahre waren sehr schwer für uns, weil wir mit der Galerie gleich in größere Gewässer gesprungen sind. Da gab es ganz am Anfang auch Monate, in denen wir uns von einem Sack Reis ernährt haben aus dem indischen Geschäft um die Ecke, damit wir das Geld hatten, um die Miete zu bezahlen. Es ist ja nicht so, dass wir von Anfang an zig Kunden hatten und dass jeder von uns wusste. Aber im Laufe der Zeit haben wir gelernt, das Unternehmen gut und erfolgreich zu führen. Gute Werbung zu machen. Dadurch, dass wir uns ja auch weiterentwickeln, Messen besuchen und immer wieder neue Kontakte knüpfen zu Menschen aus der Kunstszene, sind wir inzwischen in Köln zu einer Institution geworden.
business-on.de: Ist Netzwerken ein wichtiger Pfeiler für erfolgreiches Business?
Iven Orx: Ja, ich denke, für einen Unternehmer ist es das Allerwichtigste, ein Netzwerk zu haben.
business-on.de: Welche Investitionen sind nötig, um als Künstler erfolgreich zu sein?
Iven Orx: Also, ich denke, die wichtigste Investition ist Zeit. Malen lernt man beim Malen – so sagt man. Und wenn man ein erfolgreicher Künstler werden möchte, muss man etwas tun, und zwar mit ganzem Einsatz. Wir machen beispielsweise gar keinen Urlaub, wir fahren nirgendwo hin, wir sind Tag und Nacht Künstler und Unternehmer. Und wenn man etwas gut machen möchte, dann muss man es ganz machen. Da gibt es keine Arbeitszeit. Es ist nicht so, dass wir um 9 Uhr anfangen, Unternehmer zu sein und uns oben im Büro einfinden. Wir denken ständig und permanent an alle Faktoren. Da gibt es keine Trennung.
Aaron Vinn: Aber man muss auch sagen, dass man schon umstellen muss. Denn wenn man kreativ ist, denkt man anders, als wenn man geschäftsmäßig denkt. Man merkt das schon. Es ist nicht so, dass bei dem einen die linke (Gehirnhälfte) angeht und die rechte ausgeht. Aber man merkt schon, dass man anders agieren muss.
Iven Orx: Als Künstler würde man am liebsten der Welt die Kunst schenken. Aber als Unternehmer muss man immer daran denken, dass man seine fixen Kosten im Monat hat. Die Galerie muss bezahlt werden, die Stromrechnung, die Google-Werbung … Und das summiert sich alles zu vielen tausenden Euro. Dann gibt es Mitarbeiter, die uns helfen Rahmen zu bauen. Dann haben wir die Auslieferung der Bilder. Dafür haben wir einen Transporter, um hier im Umkreis unsere Bilder zu liefern. Das alles ist der Unternehmer in uns, der immer sagt: „Am Ende des Monats musst du von dem, was du machst, leben und die Rechnungen bezahlen.“ Das darf man nie vergessen. Und das ist tatsächlich ein Spagat.
business-on.de: Wie berechnet sich der Preis für ein Kunstwerk?
Iven Orx: Wir kalkulieren da nach einer sehr bekannten Formel. Wir machen das so, dass wir Breite + Höhe rechnen, multipliziert mit dem sogenannten Künstlerfaktor. Der Künstlerfaktor ergibt sich daraus, dass die Anfänger . . . Also es gibt eine Punkteskala von 1 bis „open end“ und Anfänger erreichen etwa eine Punkteskala von 1-10. Das ergibt den Künstlerfaktor. Dadurch, dass wir eine sogenannte Produzentengalerie sind, d. h. bei uns kauft man die Kunst ohne Vermittler, ohne einen Galeristen, der in der Regel nochmal 50 % Aufschlag berechnet, bekommt man die Kunst bei uns etwas günstiger. So berechnen wir den Preis – und im Vergleich zum Gesamtmarkt für Kunst ist das dann noch bezahlbar. Und wir möchten, dass das auch so bleibt. Deswegen haben wir keinen externen Galeristen, sondern betreiben die Galerie selbst.
business-on.de: Wie unterscheidet sich der deutsche Kunstmarkt von dem anderer Länder?
Iven Orx: Ich glaube, durch das Internet hat sich der Kunstmarkt sehr liberalisiert. Die Mechanismen sind überall in der westlichen Welt mittlerweile die gleichen. In New York geht es vielleicht etwas schriller und aufwändiger zu als hier in Köln. Wir haben noch bezahlbare Kunst. Dann gibt es noch die Kunstspekulanten. Das sind die „blue chips“ mit den zehn teuersten Künstlern der Welt. Da wird aber wirklich spekuliert und die Preise werden nach Lust und Laune gemacht. Das hat nichts mehr mit kostendeckender Galerie zu tun, sondern viel mehr mit Spekulation.
business-on.de: Wer setzt die Trends in der Kunstszene? Gibt es, wie in der Modebranche, sogenannte Trendsetter?
Iven Orx: Ja, aber die werden gemacht, durch diese Spekulanten. Da gibt es dann solche Werke wie die von Jeff Koons, die für 91 Millionen Dollar versteigert werden.
business-on.de: Bleiben wir gleich mal bei der Figur von Jeff Koons, die vor kurzem für 91 Millionen Dollar versteigert wurde. Wie entstehen solche Preise?
Aaron Vinn: Da steckt eine riesige Maschinerie hinter, die Zeit und Energie investiert, um so einen Künstler voranzutreiben und den Marktpreis zu steigern. Das ist einfach die grundlegende Aufgabe von Spekulanten und Galeristen. Kunst ist ja etwas, das kein Mensch braucht. Kunst ist etwas, was Freude bereitet und gleichzeitig eine Investition ist. Bei den großen Künstlern, die man auf der ganzen Welt kennt, wie Warhol, Koons oder Lichtenstein, lässt diese Maschinerie den Preis immer höher steigen. Das ist, wie gesagt, die Grundaufgabe dieses Systems.
Iven Orx: Dabei geht es aber nur ums Geld und nicht um die Kunst selbst oder was sie darstellt – dass sie Freude macht. Man kauft es, weil es eben teuer ist.
Aaron Vinn: Auch diesen gerade angesprochenen Hasen (Jeff Koons „Rabbit“) hat man schon eine Million Mal gesehen, weil er sich ja immer wieder selbst kopiert.
business-on.de: Kunst ist ja, wie ihr gerade selber sagtet, ein Investitionsobjekt geworden. Verändert das den Charakter der Kunst?
Iven Orx: Ich denke, unsere Welt ist so gestaltet, dass man den Faktor Geld nicht mehr ausklammern kann. Ob es um Gesundheit geht oder ums Essen, um Kleidung oder um ein Auto – bei all diesen Dingen spielt Geld eine Rolle, und so ist es auch bei der Kunst. Der Unterschied ist nur die Frage, ob ich ein Kunstwerk als Spekulationsobjekt erwerbe, um damit Geld zu verdienen, oder als Kunstwerk, das mir wirklich Freude bereitet und das einen gewissen Wert hat. Die Werthaltigkeit in diesem Fall berechnet sich aber nicht nach der Spekulation, weil jemand das verlangt, sondern danach, wie gut der Künstler ist, wie engagiert. Das nennt man dann die Produktivität des Künstlers. Wie produktiv ist der Künstler? Bleibt er dabei oder macht er das nur nebenher als Hobby? Macht er das zu Hause oder hat er ein professionelles Atelier? Hat er eine Galerie, die ihn vertritt, oder hat er eine eigene Galerie, so wie wir? Das alles sind Faktoren, die wichtig sind, wenn man nicht nur den ideellen Wert berechnet.
Unsere Bilder und die Kunstwerke kosten inzwischen auch schon etwas Geld, also fast ein paar tausend Euro. Und das möchte man nicht wegwerfen, das Geld. Wenn ich bedenke – ganz am Anfang haben wir Bilder für 200 Dollar verkauft, jetzt kosten sie 2.000-3.000€. Das ist schon eine gute Wertsteigerung innerhalb von 10-12 Jahren.
business-on.de: Wie fühlt ihr euch dabei als Künstler? Seid ihr stolz über so eine Wertsteigerung oder habt ihr mehr Bedenken, dass der ideelle Wert dabei verloren geht und eure Kunst zu kommerziell wird?
Aaron Vinn: Das Kommerzielle sehe ich jetzt dabei nicht. Ich denke, dass wir es richtig machen.
Iven Orx: Ja, und man freut sich auch für die Menschen, die sehen, dass es uns zwei immer noch gibt, nach über 10 Jahren, und dass wir uns entwickelt haben. Sie sehen, dass wir jetzt eine Galerie haben, dass die Kunstwerke teurer sind. Und ja, da haben wir alles richtig gemacht. Das war jetzt der Unternehmer in mir, der gerade sprach.
business-on.de: Und was sagt der Künstler in dir?
Iven Orx: Der Künstler würde sagen: „Das ist mir egal.“ Und ja, der Wert wäre mir egal.
Aaron Vinn: Wir als Künstler haben so einen Bezug zu unseren Werken, das kommt aus dem Herzen, das kann man gar nicht in Geld darstellen.
Iven Orx: Wir haben letztens eine WhatsApp-Nachricht von einem Galeristen aus Italien bekommen. Der hat in der Zeitperiode aus unseren Anfängen damals Bilder gekauft und jetzt hat er uns zwei Fotos von diesen Bilder geschickt. Die hängen bei ihm zu Hause. Er hat sie nicht veräußert, sondern schön eingerahmt und für sich selbst behalten. Darauf waren wir wirklich sehr stolz. Der ist unser Fan und ist Fan geblieben, über die viele Jahre. Es erfüllt uns mit Stolz, dass selbst jemand, der vom Kunsthandel lebt, sie bei sich behält, weil sie ihm gefallen und er sie für gut erachtet.
business-on.de: Waren haben normalerweise einen funktionalen Zweck. Den hat Kunst nicht. Warum, denkt ihr, geben Menschen dennoch viel Geld für Kunst aus?
Aaron Vinn: Der Antrieb ist wahrscheinlich unterschiedlich. Die einen wollen vielleicht Individualität darstellen oder den eigenen Charakter in ihrem Zuhause oder Büro widerspiegeln.
Iven Orx: Und bei hochwertiger Kunst geht es ja um Qualität. Hochwertige Kunst, die professionell gemacht ist, muss ja Geld kosten. Kosten, die anfallen bei der Produktion und bei allem, was man so tut … Sodass man den Qualitätsfaktor schon über den Preis erkennen kann. Das spekulative mal ausgeschlossen. Wenn ich zum Beispiel unsere Materialen betrachte, so kostet es immer unermesslich viel Geld, was wir bestellen an Blattgold, Farben, Holz und Stoffen. Das ist alles hochwertige Qualität. Denn wir möchten, dass die Kunstwerke über Jahrzehnte oder vielleicht auch über Jahrhunderte auch formstabil und die Farben farbecht bleiben. Dass wir für die Nachwelt etwas hinterlassen. Ja, und das schlägt sich eben im Preis nieder, denn für 100 € kann man diese Qualität nicht herstellen.
Aaron Vinn: Das reicht nicht mal für eine Leinwand.business-on.de: Gibt es Umstände, durch die sich der Preis ändern kann?
Iven Orx: Ja, die gibt es. Wir haben zum Beispiel eine Produzentengalerie. Das heißt, unsere Preise enthalten den Galeristenpreisaufschlag nicht. Und der kann bis zu 50 % betragen. Sollten wir uns jetzt entschließen, einen Galeristen zu nehmen, weil wir immer weniger Zeit haben und diese in die Produktion der Kunstwerke stecken wollen, dann würde sich der Preis bei uns ändern. Die Preise würden in die Höhe schießen, weil der Galerist bis zu 50 % Preisaufschlag nimmt für seine Tätigkeit, denn er hat ja auch Kosten und Einsätze. Er ist auf Kunstmessen vertreten usw.
business-on.de: Übernimmt ein Galerist auch das Marketing und die Promotion?
Iven Orx: Ja, der übernimmt auch das Marketing.
Aaron Vinn: Man kann grob unterscheiden zwischen einem Kunsthändler, der verschiedene Kunstwerke anbietet, und dem Galeristen, der sich mit Herzblut für seine Künstler engagiert.
business-on.de: Was empfehlt ihr Menschen, die ihr Geld in Kunst investieren möchten? Was sollten sie sammeln, was beachten?
Iven Orx: Wenn man nicht unbedingt die „blue chips“ (die 10 teuersten Künstler der Welt) wählt, sondern in dem bezahlbaren Bereich bleibt, in dem wir uns betätigen, empfehlen wir den Menschen, wirklich Kunst zu kaufen, die man liebt. Denn man lebt mit der Kunst zusammen. Das Kunstwerk wird zu einem Teil des Lebens. Man kommt nach Hause, setzt sich in sein Wohnzimmer und sieht ein schönes Gemälde oder ein Wandobjekt. Dabei muss man sich schon wohlfühlen. Und man sollte darauf achten, dass das Kunstwerk von einem professionellen Künstler kommt, der wirklich hauptberuflich arbeitet und der für das, was er macht, wirklich lebt und sein Fach gelernt hat. Mit diesem Kauf verliert das Bild auch nicht an Wert, sondern der steigert sich mit der Zeit. Und das ist eine gute Sache, wenn man materiell in Wert investiert. Aber primär sollte einem ein Kunstwerk wirklich gefallen. Man sollte das kaufen, was einen im Herzen berührt.
business-on.de: Welche unternehmerischen Risiken habt ihr als Künstler?
Aaron Vinn: Das einzige Risiko wäre, wenn einer von uns ausfällt, wegen Krankheit oder so.
Iven Orx: Wir teilen uns ja die Bereiche. Jeder hat so seine Aufgaben und wenn einer krank wird, ist das schon problematisch. Weil wir ja auch die Galerie führen und Verpflichtungen in Bezug auf das Unternehmen haben, wie die Verantwortung für die Mitarbeiter etc.
Aaron Vinn: Aber als Unternehmer wird man ja nicht krank. Wir machen das einfach nicht.
business-on.de: Wie vermarktet ihr euch heute?
Iven Orx: Die Hauptader im Marketing ist bei uns die Mundpropaganda. Mittlerweile haben wir die Galerie hier seit zwölf Jahren und man erzählt sich davon. Man sagt, Köln ist wie ein Dorf. Der eine erzählt dem anderen, dass er ein tolles Kunstwerk gekauft hat oder dass er tolle Künstler kennt, die eine Galerie haben. Darüber kommt sehr viel. Und natürlich Google-Anzeigen. Man findet uns auch sehr gut bei Google.
Aaron Vinn: Vielleicht noch als Besonderheit bei uns. Denn im Gegensatz zu vielen Galerien, in die man reingeht und oft gar nicht weiß, wo man sich befindet, sind wir da transparent. Bei uns kann man alles auch online erwerben. Zu „transparent“ zählt für uns auch, dass wir nicht die Preise nach Lust und Laune bestimmen, sondern so, wie es seriös ist. Also dass wir eine Preistransparenz haben. Und wir haben diese Mischform: Onlinegeschäft mit Galerie.
Damit sind wir sehr zeitgemäß. Viele Käufer sind z. B. im Ausland. Nach Italien haben wir schon verkauft und nach Monaco. Die Leute, die Unternehmer, haben auch keine Zeit, von einer Galerie zur nächsten zu rennen. Wir hatten vor einem halben Jahr einen Interessenten, der sagte, er sei in zehn Galerien gewesen, hier in Köln, an zwei Nachmittagen. Dafür hatte er sich extra freigenommen.
Iven Orx: Ja, und da hängen dann fünf Kunstwerke. Wir haben hier ungefähr 400 Kunstwerke in unserer Galerie. Da kann man schon etwas Passendes finden. Und wir nehmen uns Zeit – das ist unsere Besonderheit, dass wir nur auf Termin arbeiten und manchmal Tage der offenen Tür haben, wo jeder kommen kann. Aber wenn ein Kunstinteressent da ist, dann nehmen wir uns Zeit für ihn. Wir arbeiten also auf Termin, wir nehmen uns zwei bis drei Stunden Zeit, um wirklich herauszufinden, für was er schwärmt. Er kann alles über uns erfahren, über unsere Kunst, über die Qualität. Er kann sich etwas Passendes aussuchen. Wir fahren auch zum Kunden hin, mit einer Auswahl von Kunstwerken, wenn jemand z. B. mehrere kaufen möchte, um ein Haus mit Kunst zu bestücken. Wir schauen, wie die Räumlichkeiten aussehen, wo was am besten passt, und wir erstellen ein Konzept mit Kunst, die wirklich zum Interessenten passt. Und das macht uns nochmal ein Stück weit besonders. Deswegen funktioniert die Mundpropaganda so gut, weil man sich so etwas erzählt. Das ist etwas Besonderes. Wenn man in eine andere Galerie geht, dann ist es oft so, dass da drei oder vier Kunstwerke hängen, höchstens fünf. Und dann wird man auch noch so böse beäugt, dass man sich nicht einmal traut – und das haben wir beide selbst erlebt hier in Köln – nachzufragen, was dieses bedeutet oder wie viel jenes Kunstwerk kostet. Bei uns ist das anders. Bei uns wird viel gelacht und man kann uns alles fragen und alles erfahren über uns.
business-on.de: Wie wichtig sind Kunstmessen?
Iven Orx: Ja, Kunstmessen, das ist so eine Sache. Also für das Image einer Galerie sind Kunstmessen sehr entscheidend. Es ist wichtig, dass man dort vertreten ist. Was den Umsatz betrifft, ist es nicht wichtig, das wissen wir aus den Galeristenkreisen hier in Köln. Das ist mehr ein Verlustgeschäft. Denn man verkauft auf einer Kunstmesse kaum etwas. Das ist nur um präsent zu sein, für das Image, und das schlägt sich auch auf den Preis am Ende nieder. Deswegen machen wir keine Kunstmessen mit, weil wir gesagt haben, dass das am Ende nicht dem Kunden, also dem Käufer selbst, dient, sondern es nur die Preise in die Höhe treibt. Und das ist nicht nötig.
business-on.de: Ist Kunst Business oder Hobby?
Iven Orx: Für uns ist es weder noch. Ich kann ja nur für uns beide sprechen, aber Kunst ist für uns Erfüllung. Es ist also weder Hobby noch Business. Es ist das, wofür wir brennen.
Aaron Vinn: Es ist so wie bei Lagerfeld. Er hatte auch keine Hobbies. Seine Arbeit war seine Erfüllung. Und so ist es bei uns auch.
business-on.de: Wie funktioniert der Kunstmarkt eurer Ansicht nach?
Aaron Vinn: Das ist eine sehr weit gefasste Frage.
Iven Orx: Wir haben vorhin von den „blue chips“ gesprochen. Das ist die andere Welt, wie der Kunstmarkt funktioniert. Ich kann wieder nur für uns sprechen und für uns ist Kunst ein Kulturgut. Es ist weder Ware noch etwas, das man über den Geldbeutel betrachten möchte. Es ist Lifestyle. Es ist ein Stück Leben. Und wie der Kunstmarkt funktioniert … Ich glaube, jeder muss für sich selbst – egal, ob man Galerist ist oder Künstler – seinen Weg herausfinden, also wo man die Erfüllung für sich findet. Da gibt es keine Regel, die besagt, der Markt funktioniert so und da musst du das so und so machen oder anders. Ich denke, bei uns ist das ein Mischfaktor, eine Institution, die aus vielen Faktoren besteht. Aber das ist keine Regel. Man kann nicht sagen: „So funktioniert das und nicht anders.“ Kunst ist etwas ganz Individuelles und Persönliches.
Wir empfehlen jedem Künstler authentisch zu bleiben, so zu sein wie man ist, einfach die Innerlichkeit in Form von Kunst nach außen tragen und sich zu verwirklichen. Dann kommt auch der Erfolg, der stellt sich von selbst ein. Ob das jetzt eine eigene Galerie ist oder ein Galerist von dem man entdeckt wird … Die Wege sind verschieden. Das Wichtigste ist, dass man das, was man liebt, auch macht.