Publikationen

Fachpublikation “Investieren in das, was man liebt”

Die Wirtschaft Köln – Ausgabe 04 / 2019

“Investieren in das, was man liebt”

Der Kunstmarkt lebt auch von emotionalen Werten

Wer in Kunst investiert, bewegt sich auf schwierigem Terrain. Denn im Gegensatz zu Aktien oder Gold lässt sich der Wert, oder vielmehr der Preis, eines Kunstwerkes nicht an Börsenkursen ablesen. Und auch ein Käufer muss erst gefunden werden, einer, der genau dieses eine zu verkaufende Kunstwerk selbst als Wertanlage begreift oder in dessen Sammlung es hineinpasst.

In nur wenigen Assetklassen sind die Preisfindung sowie ein Verkauf so komplex wie bei Kunst. Zwar gibt es einen echten Markt, der von Angebot und Nachfrage bestimmt wird, aber das einzelne Kunstwerk geht eben weit über den rein materiellen Wert hinaus. Und so ist das Anlagerisiko hoch, wenn man ausschließlich auf finanzielle Parameter schaut. Und dennoch kann es sich lohnen, in Kunst zu investieren.

Das Motto muss daher lauten: kaufen, was einem gefällt. Wer Gemälde besitzt, die auch einen emotionalen Wert haben, die die eigene Individualität unterstreichen und mit denen man sich gerne umgibt, hat weniger Probleme damit, wenn sich nicht sofort der gewünschte Erlös erzielen lässt. Kunst muss man lieben – auch dann, wenn man sie primär als Kapitalanlage begreift.

Jetzt hat es freilich keinen Sinn, sich alles zu kaufen, nur weil es gefällt. Ein paar zusätzliche strategische und kaufmännische Hardfacts gibt es schon – auch und gerade bei Kunst. Ein einzelnes Gemälde wird auch kaum als Investition funktionieren. Wer Kunst als Investment begreift, muss zum Kunstsammler werden, der hier und da etwas Neues erwirbt, sich aber auch von einzelnen Werken trennt, wenn die Zeit reif ist. Kaufen, verkaufen, sammeln, erweitern … man muss sich kümmern. Und das nicht nur im kaufmännischen Sinne, sondern auch organisatorisch. Wer mehrere Gemälde, Skulpturen oder Arbeiten besitzt, muss diese angemessen lagern, entsprechend hoch versichern und sich um den Substanzerhalt kümmern. Kunst ist was für Liebhaber, auch und gerade dann, wenn es um Geld geht. Man muss sich mit Kunst etwas auskennen, gute Berater haben und sich auf eine bestimmte Richtung festlegen. Eine Sammlung sollte halbwegs konsistent sein, sodass man als Anleger auf Trends reagieren kann und in seinem Genre zum Experten wird. Auch deswegen hat es Sinn, in Kunst zu investieren, zu der man eine emotionale Bindung hat.

Dazu gehört auch, sich mit den Gesetzen des Kunstmarktes etwas vertraut zu machen, was wiederum bedeutet, nicht nur die Kunstwerke, sondern auch die Künstler zu kennen, von denen man diese erwirbt. Denn im Grunde sind es die Künstler und ihre Vermarktung, die Kunst am Ende wertvoll machen. Ist der Künstler en vogue, medial präsent, in Museen vertreten und von namhaften Galeristen gehypt, sind auch seine Werke wertvoll. Arbeitet ein Künstler mehr als Hobbyist und produziert nicht regelmäßig Neues, ist die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass ein Kunstwerk im Wert steigt.

Im Grunde ist ein erfolgreicher Künstler immer auch ein erfolgreicher Unternehmer. Nur wer regelmäßig neue Werke produziert, hat überhaupt einen Marktwert und kann im Kunstmarkt stattfinden. Hat der Künstler einen Galeristen? Wenn ja, steigen die Preise automatisch, denn der Galerist nimmt in der Regel bis zu 50 Prozent Aufschlag für seine Leistungen. Das wiederum kann er nur, wenn er seitens des Kunstschaffenden regelmäßig Nachschub bekommt, sodass er auch ein regelmäßiges Geschäft machen kann, und wenn er der Meinung ist, die entsprechenden Preise auch durchzusetzen. Alternativ gibt es Produzentengalerien, also solche, in denen die Künstler ihre eigenen Werke anbieten und verkaufen. Das alles produziert Kosten – für Räume, Mitarbeiter und Materialien, die ein Künstler erst mal wieder einnehmen muss. Hier lassen sich Künstler in Teilen bewerten wie ein Unternehmen. Es gibt Kosten, Umsätze und Gewinne, Lagerbestände und eben die Werte der Kunstwerke. Als Kunstinvestor muss man sich auf die Künstler einlassen, auf ihre Produktivität, auf ihren Stil, auf ihre Absatzkanäle.

Das gilt besonders für Künstler, die ihre Werke (noch) für Preise zwischen 2000 und 5000 Euro anbieten. Hier würde man als Investment-Kunstkäufer wohl von einer Frühphasenförderung sprechen. Glaubt man an die Künstler, ihr Potenzial und ihre Zukunft und gefallen die Werke, sind die möglichen Renditen schier unendlich – wenn man etwas Geduld mitbringt und damit leben kann, dass die Bilder am Ende vielleicht doch nur die eigenen vier Wände zieren. Investorentechnisch ist es Wagniskapital. Hier sollte man ganz besonders darauf achten, dass einem gefällt, was man besitzt. Idealerweise arbeitet man als Investor hier sogar mit den Künstlern zusammen und unterstützt ihre Marktentwicklung.

In der Liga darüber kosten einzelne Kunstwerke dann schon um die 50.000 Euro. Hier braucht man also ein dickeres Portemonnaie als Investor, kann aber auch sicher sein, dass sich der Wert einigermaßen erhält, wenn der Kunstmarkt nicht vollständig einbricht. Eine Wertsteigerungsgarantie gibt es aber auch hier nicht. Allerdings ist der wahrscheinliche Wertsteigerungssprung von 50.000 Euro auf 100.000 Euro oder gar 200.000 Euro größer als der von einem Anfänger in die Liga der 50.000er.

Ganz oben in der Hierarchie stehen die sogenannten Blue Chips. Ähnlich wie bei Aktien beschreibt der Begriff sichere Häfen. Blue Chips, das sind die internationalen Top-10-Künstler wie etwa Andy Warhol oder Gerhard Richter. Ihre Werke erzielen Millionenwerte bei Versteigerungen, sind aber auch schwer zu bekommen – von den Kosten des Einkaufs und der Versicherung ganz zu schweigen.

Grundsätzlich bemisst sich der Wert von Kunstgemälden nach einer Formel: Breite plus Höhe in Zentimetern mal Künstlerfaktor. Der Künstlerfaktor ergibt sich aus dem Marktwert des Künstlers. Der Künstlerfaktor ist eine Punkteskala. Ein Anfänger liegt bei 1 bis 10. Je höher der Künstlerfaktor, desto wertvoller das Kunstwerk. Hier zeigt sich dann auch wieder, dass eigentlich nicht das Kunstwerk den Wert bestimmt, sondern der Künstler. Wird der gut vermarktet, etwa durch einen Galeristen, steigen seine Werke im Wert. Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: Der Kunstmarkt ist sehr volatil. Es gibt Aufs und Abs, Moden und Trends und keinen definierbaren Wert für Kunstobjekte. Wer in Kunst investiert, muss sich auskennen und braucht gute Berater, ein Team, das aus Sachverständigen, Gutachtern und Sammlern besteht. Man muss Augen und Ohren offen halten und sich mit den Künstlern selbst befassen, denn der Künstler macht den Wert des Gemäldes. Man muss selbst Sammler sein, sich für Kunst interessieren und enge Kontakte zu Künstlern, Galeristen und Kennern halten. Und man braucht Geduld, bis sich ein Künstler entwickelt.

Wer diese Themen beherzigt, kann mit Kunst nicht nur Geld verdienen, sondern auch viel Freude haben. Kunst als Investment ist ein Risiko, verursacht Kosten für Lagerung und Versicherung sowie Zeitaufwand. Deswegen muss man Kunst lieben. Wer Kunst nur kauft, um des monetären Ertrages willen, ansonsten das Betrachten von Gemälden und das Verhandeln mit Galeristen und Künstlern verabscheut, sollte die Finger von Kunst als Anlage lassen. Man muss in das investieren, was man liebt. Kunst ist eine Assetklasse für Liebhaber, für Menschen mit Muße und dem Hang zum Genuss. Das schnelle Geld winkt hier nicht.

Bevor man sich mit dem Thema beschäftigt, lohnt es sich, Galerien und Museen zu besuchen, Kunstvereine oder Werkstätten. Es gilt zuallererst herauszufinden, was man möchte, und sich Ziele zu setzen. Was ist man bereit einzusetzen? Was ist man bereit zu verlieren? Wer sind potenzielle Verkäufer und Käufer? Was hat noch Entwicklungspotenzial? Darf das Geld gebunden sein? Wer plötzlich schnell ein Bild verkaufen muss, macht sicher keinen guten Schnitt, zumal auch die einschlägigen Kunstauktionen Regeln folgen und einen längeren Vorlauf verlangen, den man kennen sollte.